Appetit auf ein kleines philosophisches Betthupferl?
Samstag, 3. April 2010, 01:38
Abgelegt unter: Berge

Als Diogenes von Sinope gefragt wurde, wie er begraben sein wolle, antwortete er: „Mit dem Gesicht nach unten.“
Den erstaunten Gesichtern, in die er hierauf blickte, erklärte er: es werde in der Welt bald drunter und drüber gehen, und dann komme er schon richtig zu liegen.
Hans Blumenberg nennt dies „Opportunität auf längere Sicht“, da behalte allemal der recht, der der Stabilität der Weltverhältnisse mißtraue – ein „Laster der Philosophen“ übrigens (vgl. Blumenberg, H.: Begriffe in Geschichten. Frankfurt/Main 1996, S. 134).
Spricht sich in dieser Diogenes-Anekdote aber nicht auch ein anderes Laster der Philosophen aus: richtig liegen wollen, wenn schon nicht im, so dann doch wenigstens nach Leben?
Wäre dies darüber hinaus nicht auch eine – womöglich viel verwerflichere – Opportunität, um die unbequeme Wahrheit, falsch gelegen zu haben, weder sich selbst noch anderen gegenüber eingestehen zu müssen?


6 Kommentare bisher • RSS-Feed für KommentareTrackBack URI

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  • Flexagon sagt:

    interessante deutung insofern, als dass man die originalität seiner begründung nicht als gegeben hinnimmt und einer auflösung einer seltsam anmutenden entscheidung ansieht, sondern den philosophen selbst hinterfragt.
    stellt sich die frage, wie ernst es ihm selbst mit diesem anliegen war…immerhin muss man sich nur etwas eingestehen, solang man diesem noch ins auge blicken kann, was ja nach dem tode schlecht geht ;)…zumal drunter und drüber nicht zwingend heisst, die welt stünde irgendwann kopf, sodass er mit dem gesicht nach unten durchaus (in relation zu normalen begräbnissen in einer „normalen“ welt) wieder richtig läge.
    ich glaube, der herr v. blumenberg hat mit seiner deutung schon recht, einfache wahrheiten zu postulieren,noch möglichst kleidsam in kunstvollen rhetoriken, machen sich immer gut….andere gehen halt mit dem spruch, _das einzig stabile sei die instabilität_ von der welt und können sicher sein,im nachgang recht zu behalten.
    aber eine frage hätte ich: warum eigentlich soll man genannter opportunität, bezogen auf dieses beispiel selbst, einer unbequemen wahrheit aus dem wege gehen können? man weiss zwar, dass man „hinterher“ sozusagen richtig liegt, bis zu diesem ist es jedoch noch ein stück weg…..
    hm, ich merke gerade, dass ich evt. den sinn des anliegens garnicht richtig erfasst habe…eine richtige analyse dieses sachverhalts würde mich mal interessieren, bitte notfalls hier per pm.
    mfg flexagon

  • Schleier des Nichtwissens sagt:

    Ich verkürze meine Antwort mal auf das Verhalten der Philosophen.
    Da gibt es Philosophen, die zumindest aus ihre Ansicht das Richtige vertreten und sich zuweilen damit trösten, dass zumindest ihre Nachwelt der Richtigkeit ihrer Ansichten Tribut zollen werden. In der Tradition sehe ich Nietzsche, aber auch andere Philosophen, die sich ihrem Wahrheitsanspruch verpflichtet sahen; einige von ihnen bekamen im Nachhinein recht, andere vielleicht in der Zukunft (Nietzsche schließe ich persönlich in beiden Fällen aus).
    Auch und vielleicht gerade Philosophen sind nicht immer frei von der Mischung aus Missionierungsgedanken, Eitelkeit und Überzeugung, bei einigen in einer Form der Hybris.
    Interessanter ist m. E. jedoch die Schattenseite: Die Geschichte der Philosophie ist voller Beispiele, in denen Einige wider besseren Wissens eine Philosophie vertreten haben, die als ausschließlich opportunistisch bezeichnet werden kann (z. B. in Diktaturen). Einerseits kann man Ihnen keinen Vorwurf machen, da Philosophen Menschen wie andere sind.
    Andererseits lässt sich sehr wohl ein Vorwurf fomulieren, da sie, auch im Anspruch ansich selbst, der Wahrheit zumindest insofern verpflichtet sind, dass sie nicht jede diktatorische Gesellschaftsform prhilosophisch unterfütern dürften.

  • pedro sagt:

    Recht zu haben, macht einfach mehr Spaß als nicht Recht zu haben.
    Du hast völlig Recht. Eine große Triebfeder in alle Geisteswissenschaften ist es, dem Konkurrenten eins zu verpassen. Das geschieht mit Worten und geschliffenen Sätzen und eine nur leicht versteckten Häme. Natürlich alle im Namen der reinen Lehre und Forschung, aber doch zum persönlichen Vergnügen. Warum auch nicht, wenn so doch noch etwas dabei heraus kommt?

  • Staatsan sagt:

    Ich kann die von Dir angesprochene Verwerflichkeit nicht erkennen. Ich sehe in Diogenes Spruch nur Weisheit – Binsenweisheit: Angesichts der im Tode erwarteten Ewigkeit sind Veränderungen nicht nur nicht auszuschließen, sondern unausweichlich. Irgendwann wird das Gesicht auf dem eigenen Hintern liegen – warum auch nicht?

  • casperle *DRunter* begründen* sagt:

    Ich könnte mir vorstellen, dass ein „echter“ Philosoph den Bereich, etwas beweisen zu wollen/können, schon verlassen hat. Eher geht ihm das mittlerweile und in DER Situation bestimmt am A***h vorbei…….und DER ragt ja dann nach oben ! 🙂
    …..vielleicht kommt ja sogar von ihm der Spruch :“Das kannst du alles in die Tonne kicken !“ :))

  • the_real sagt:

    galgenhumor hat immer was philosophisches. oder?



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