Ist das deutsche Schulsystem marode (geworden)?
Montag, 5. April 2010, 20:03
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Keine Beleidigung, sondern eine ernsthafte Frage.
Als Schweizer, der schon oft mit gleichaltrigen Deutschen gesprochen hat, habe ich oft das Gefühl, in Deutschland sinke das Niveau des Lernstoffs immer tiefer, um ein Mitkommen der Schwächsten zu gewährleisten. Ich selbst habe z.B. die Matura gemacht. Das ist eigentlich das gleiche, wie das Abitur in Deutschland – und doch habe ich oft das Gefühl, dass es eben doch nicht ganz das selbe ist. Denn wenn ich in der Schweiz sage: „Ich habe das Gymnasium abgeschlossen“ ernte ich damit allgemeinen Respekt. Die Prozentrate an Gymnasiasten, bzw. Maturanden pro Jahrgang liegt hier etwa bei 9 Prozent. Doch wenn ich das in Deutschland sagen würde, habe ich oft das Gefühl, dass mir die Leute einfach entgegnen würden: „Na und? Was ist jetzt daran besonders toll?“ Oft sieht es für mich so aus, als ob in Deutschland jeder dritte das Abitur mache. Fazit für mich deshalb: Anscheinend tönt in Deutschland der Name „Gymnasium“ nach mehr, als am Ende drin ist, da man nicht wirklich „aus der Masse stechend“ sein muss, um aufs Gymnasium zu können.
Dies widerum würde natürlich auch bedeuten, dass sich in den anderen Schulstufen (Real- und Hauptschule) ähnliche Tendenzen erkennen lassen.
Deshalb meine Frage an euch: Ist das Niveau der deutschen Schulen – insbesondere der Gymnasien – tatsächlich so tief, dass, salopp gesagt, JEDER diese Schulen besuchen kann? Oder täusche ich mich da? Ist das deutsche Schulsystem marode? Und wenn ja, war es früher besser?
Oder ist es aus eurer Sicht sogar gut, mehr Gymnasiasten pro Jahr zu haben als andere europäische Länder, auch wenn das bedeutet, dass das allgemeine Niveau der Gymnasien deshalb tiefer ist und vielleicht eher vergleichbar mit z.B. einer Schweizer Sekundarschule (was in Deutschland die Realschule ist)?


9 Kommentare bisher • RSS-Feed für KommentareTrackBack URI

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  • fletcher sagt:

    Was soll ich sagen? Ich hab mein Abi nach 13 Schuljahren (heute sind’s ja nur noch 12) in der Tasche gehabt. Ich habe nicht ein bißchen für die 4 Abschlussprüfungen gelernt (Deutsch, Englisch, Gemeinschaftskunde, Biologie) und bin trotzdem mit einem Durchschnitt von 3,2 durchgekommen. Da ich weder eine besonders fleißige, noch furchtbar intelligente Schülerin war, muss ich rückblickend eingestehen, dass das Erreichen des Abschlusses tatsächlich sehr einfach war. Ich empfand dies deshalb auch nicht als etwas, auf das ich stolz sein konnte.
    Mein Gymnasium stand sowieso in dem Ruf, dass dort jeder das Abi schafft. Über das Gymnasium einen Kilometer weiter kursierten sogar Gerüchte, dass man sich dort das Abitur kaufen konnte, aber das kann ich hier nicht bestätigen.
    Im Anbetracht meiner Erfahrung ist es tatsächlich also ein leichtes, das Gymnasium in Deutschland erfolgreich abzuschließen. In anderen Ländern bleibt dies meist einer intelligenteren Elite vorbehalten.
    Man muss allerdings bedenken, dass einen die Hochschulreife in Deutschland auch nicht furchtbar weit bringt. Mit 3,2 Durchschnitt standen mir nicht gerade sämtliche Türen und Tore offen. Medizinstudium? Niemals! Man muss sich beim Abitur schon ganz schön anstrengen, wenn man eine höhere Ausbildung und damit hinterher auch einen besser bezahlten Job anstrebt. Und einen 1,0 Durchschnitt bekommt man auch in Deutschland nicht geschenkt.
    Das deutsche Schulsystem empfinde ich als allemal marode; das liegt allerdings zum größten Teil auch daran, dass Konzepte wie Disziplin und Respekt anscheinend aus der Mode gekommen sind. Heutzutage darf ein Lehrer einen den Unterricht störenden Schüler nicht mal des Raumes verweisen, ohne dass er rechtliche Schritte der Eltern befürchten muss. Ich bin nicht unbedingt für die Rückkehr des Rohrstocks, aber ein paar mehr erzieherische Rechte sollten den Lehrern schon zugestanden werden. Zumal im häuslichen Rahmen bei vielen Schülern ja schon längst keine anständige Erziehung mehr stattfindet.

  • katzerl2 sagt:

    Als marode würde ich das dt. Schulsystem nicht bezeichnen, allerdings als verbesserungswürdig (nicht den Lernstoff betreffend).
    Das Gymnasium ist beileibe keine Schule, die jeder hier besuchen kann. Und wenn du hier sagst, du hast dein Abitur gemacht, dann ist das nichts Selbstverständliches. Ganz im Gegenteil!
    Ich weiß nicht, was an Gymnasien in der Schweiz gelehrt wird, aber das Gymnasium beinhaltet schon sehr anspruchsvollen Stoff, mit dem nicht jeder klarkommt. Du musst bedenken, dass nicht jeder, der hier mit dem Gymi anfängt, es auch zu Ende bringt. Viele brechen vorher ab, wechseln auf die Realschule oder ähnliches. Auch ist die Gesellschaft, aus der die Schüler ja stammen, ganz anders als der in der Schweiz. Man sollte bei dieser Diskussion diese Rahmenbedingungen nicht außer Acht lassen.

  • hobby_fr sagt:

    Hallo,
    ich war ein halbes Jahr an einem Gymnasium in der Schweiz Austauschschüler. Deshalb kenne ich mich einigermaßen aus und ich verstehe völlig, was du meinst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich in der Schweiz viel mehr Mühe geben muss, um eine bessere Note zu bekommen. Sogar habe ich von einem der Lehrer dort gehört, dass Deutsche und Österreicher die Matura schwerer finden. Aber in den Nachrichten hört man das Gegenteil – es lässt sich eine Verbesserung des deutschen Schulsystems bemerken und zwar in allen 16 Bundesländern. Schließlich sind aber die beiden Schulsysteme im Vergleich zu solchen in anderen Ländern sehr gut entwickelt.

  • Santa Clause Ho,Ho,Ho sagt:

    Das ist eine richtige Ansicht. Das Problem ist, dass die Schüler viel zu früh getrennt werden. Auf der einen Seite, die Hauptschule: In Deutschland die „Resteschule“, dann die Realschule, viel zu normal. Nur in Bayern ist die Schulempfehlung des Grundschullehrers keine Empfehlung, sondern Pflicht, was dafür sorgt, dass 35 % eines Jahrgangs die Hauptschule besuchen, wobei es zum Beispiel in Niedersachsen noch zehn Prozent machen. Das heißt, die Schüler sind nicht zu schlau, das Schulsystem ist zu schlecht. Man müsste eigentlich jedes Kind einzeln unterrichten, da dass aber nicht geht, muss man IGSen ( Integritierte Gesamtschulen) einrichten. Mit mind. zwei Lehreren pro Klasse und soviel im Klassenverband erteilten Fächern wie möglich. Die anderen Fächer werden über ein leciht durchlässiges Kurssystem unterrichtet. So gibt später auch keinen Hass zwischen Hauptschüler und Gymnasiasten, weil es diese Trennung gar nicht mehr gibt.

  • Jona sagt:

    Wenn dem so wäre würden nicht so viele erfolgreich an Universitäten ! studieren und ihre Abschlüsse machen.
    Außerdem hat nicht jeder das Abi mit 1 gemacht, bis Note 4 ist es möglich.
    Man muss zudem bedenken, dass viele in Dt. nur das Fachabi haben, und dieses mit dem Abi vom Gymnasium gleichsetzen.
    Da ist es kein Wunder wenn man dann zu Dir „Na und ich habe auch Abi“ sagt.
    Und wenn schon, Abi macht Dich nicht zu einem besseren Menschen, es ist lediglich ein Abschluss.
    Das was Du daraus machst ist doch entscheidend.
    MfG

  • blauclev sagt:

    Man kann das Abitur der einzelnen Bundesländer nicht gleichsetzen.
    Nachgewiesenermaßen ist das bayerische Abitur eines der schwersten. Und auch in Bayern selbst gibt es sehr wohl noch große Anforderungsunterschiede …
    Zu bedenken ist auch, dass bei weitem nicht alle Gymnasiasten das Abitur schaffen.

  • fly1987 sagt:

    Übrigens heißt es in Deutschland deutscheS Schulsystem!
    Die Bildung in Deutschland ist genial, man kann sich immer weiterbilden! Es gibt immer eine Chance, denn viele bauen Mist als Jugendlicher!
    Disziplin ist eine andere Frage!
    Anspruchsvoll ist es alle Male!!!!

  • uweelena sagt:

    Ja, das gleiche Gefühl habe ich da auch. In den rumänischen Schulen sind die den Deutschen auch um min 1 Jahr voraus, was den Lehrstoff angeht.
    Grüße Uwe
    Ps.
    Deutsche die nur in Deutschland zur Schule gehen ebenso die dortigen Lehrer-innen, können diese Frage gar nicht beurteilen. Dazu gehört einfach der Blick von außerhalb.
    Deutschlands, So lange das fehlt, kann das nicht erkannt werden.

  • Ozzy© sagt:

    Nein. Das Gymnasium ist anspruchsvoll und keinesfalls mit niedrigeren Abschlüssen anderer Länder gleichzusetzen – allerdings sind viele Schüler gut genug, um es zu schaffen. Die Quote liegt weit über 30%.



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