Von Hund zu Hund [Gebundene Ausgabe]
Freitag, 9. September 2011, 04:14
Abgelegt unter: Haustiere

Nein, ein Roman ist es nicht, denn Hansjörg Schertenleibs Buch trägt im Untertitel den Zusatz Geschichten aus dem Koffer des Apothekers, aber der Leser wird nie herausfinden, warum der Apotheker seinen Koffer am Bahnsteig hat stehen lassen, den der Erzähler zu sich nimmt, öffnet und — zu seinem Erstaunen — darin eine Hand voll Geschichten vorfindet. Xaver ist der Mysteryman in diesen Geschichten, die der Erzähler durch kurze Texte miteinander verknotet als hätten die darin auftretenden Figuren allesamt etwas miteinander zu tun. Haben sie nicht. Man dreht und wendet das Buch und findet den berühmten roten Faden nicht. Wo hat ihn Schertenleib versteckt? Ein cleverer Autor ist er schon immer gewesen. Das Buch ist ein Rätselstück. Der Titel heißt Von Hund zu Hund, aber auf dem Umschlag sind Fische zu sehen, Goldfische, Schwanz- und Kopfstück. Noch ein Rätsel. Und ebenso rätselhaft bewegen sich die Figuren in den Geschichten, etwa Manuel Reis, der auf einer Zugfahrt von Lissabon nach Pombal eine Frau kennen lernt und sie am Ende zu sich nimmt, als Frau. Seltsam, denkt sich der Leser, so heftig kann das Liebesgefühl über einen kommen! Oder sind Handelsreisende anfälliger für die schnelle Umsetzung ihrer Sehnsüchte. Dabei ist die Frau nicht einmal besonders schön oder sonstwie auffällig. Seltsam auch dieses Schweizer Pärchen, das nach Spanien in den Urlaub fährt und in einen Unfall verwickelt wird, bei dem sich die männliche Begleitung einen Fuss verletzt und zusehen muss, wie sich seine Freundin Nadja mit zwei Deutschen Touristen vergnügt. Der Schmach, sitzengelassen zu werden, entgeht er mit einem Sprung vom Hotelbalkon. Muss das sein? Reagieren so Menschen in Extremsituationen? Vielleicht. Und wenn man dem Autor bei den Entscheidungen seiner Figuren nicht zustimmen will, was dann? Dann hat man es ganz einfach mit ziemlicher guter Literatur zu tun, mit herausragend fabulierten Geschichten, und das ist schon viel. Sehr viel sogar. –Carlo Bernasconi


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