Wie könnte eine vom Volk ausgehende Regierung aussehen, die keine Diktatur der Mehrheit ist?
Freitag, 9. April 2010, 02:04
Abgelegt unter: Regierung

Demokratie kann man auch als Diktatur der Mehrheit verstehen, da die Mehrheit der Wähler ja nicht nur darüber bestimmt, von wem sie selbst regiert werden möchte, sondern auch, wie die bei der Wahl unterlegene Minderheit regiert wird. Beispiel: Wenn eine Partei ein bestimmtes Gesetz erlassen will und durch Koalitionsbildung auf 51% der Stimmen kommt und dieses Gesetz umsetzt, dann müssen sich 49% der Wahlberechtigten diesem Gesetz fügen, obwohl sie bekundet haben, dass sie gar nicht von den Koalitionsparteien regiert werden wollen.
Wie müßte eine Regierung/Verfassung/Staatsform gestaltet sein, damit das nicht (oder weniger ausgeprägt) so ist?
Ich denke dabei nicht an die naheliegende Alternative, bei welcher eben eine Minderheit über die Mehrheit regiert, sondern mir schwebt ganz unscharf eine Regierungsform vor, in welcher diejenigen, die ein bestimmtes Gesetz wollen, dies auch bekommen und die sich daraus ergebenden Pflichten einhalten müssen, dafür aber auch von den sich daraus ergebenden Rechten profitieren können, während diejenigen, welche das Gesetz nicht wollen, zwar frei sind von den Pflichten, aber auch nicht von den Rechten profiteren können. Und das, obwohl sie in ein und demselben Staat leben.
Ist sowas möglich? Wo liegen die Schwierigkeiten? Sind diese unüberwindlich? Ist sowas schon mal (evtl. ansatzweise) praktiziert worden (nicht unbedingt nur in einer Staatsregierung, sondern evtl. auch in Firma, Familie, …)?
Ich bin sehr gespannt auf Eure Antworten.


9 Kommentare bisher • RSS-Feed für KommentareTrackBack URI

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  • Kay sagt:

    wie soll das gehen? wenn also politiker sagen würden Mord ist illegal und 49% wären dagegen, könnten die 49% deiner Meinung nach ungestraft töten?
    es gibt keinen perfekten Staat-zusammenleben heißt immer das man kompromisse geschlossen werden.
    Ich bin bei weiten nicht mit allem Zufrieden was so im Gesetzbuch steht, aber Demokratie ist die beste Staatsform die bisher erfunden wurde.

  • puma2772 sagt:

    Wenn ein Gesetz erlassen wird, dann gilt das für jeden Bürger, so sind wir es gewohnt und vorerst wird das wohl auch so bleiben.
    Ich frage mich eher, wie sinnvoll diese Gesetzesflut ist, die auf uns losgelassen wurde und wo niemand mehr durchblickt, außer Anwälte
    und Richter etc……
    Deine Idee ist allenfalls ein Ansatz mal etwas ganz neues zu schaffen und
    diese Kreativität bewundere ich wirklich sehr. Aber ich glaube, du hast dich da ein wenig verrannt, weil es einfach zu widersprüchlich ist.
    Ich glaube, allen wäre geholfen, wenn die Gesetzgebung vereinfacht werden würde, zum einen so, dass die jeder versteht und zum anderen
    so, dass es nicht so viele Gummiparagraphen gibt, die es reichen Leuten ermöglicht, weil die sich einen Spitzenanwalt leisten können,
    diese Paragraphen und Gesetze zu umgehen, weil es widerum irgend welche Gesetze gibt, die dafür sprechen, dass man Gesetze umgehen kann und/oder interpretieren kann bis selbige in einzelnen Fällen wirkungslos werden.

  • Schleier des Nichtwissens sagt:

    Ja, die Schwierigkeiten sind unüberwindbar.
    Zwar gab es in der politischen Theorie des öfteren den Versuch, politische Entscheidungen so zu treffen, dass Alle zustimmen, und im nicht-politischen Bereich die Möglichkeit, sich einer Gruppe mit gleichem Rechts- und Pflichtenverständnis anzuschließen bzw. sie bei Differenzen zu verlassen (wie in Freundeskreisen).
    Aber innerhalb einer Gruppe, insbesondere in der Politik, scheint mir das kaum machbar zu sein.
    Der Grund liegt in den wechselseitigen Verpflichtungen und Abhängigkeiten:
    Ich besitze keine Kalaschnikow und fahre nicht betrunken Auto. Es wäre bedauerlich, wenn sich 30% der Bevölkerung anders entscheiden.
    Umweltschutz und Straßenbau sind andere Bereiche, in denen man nicht einfach zustimmen und profitieren oder ablehnen und verzichten kann. Ebenso die Landesverteidigung.
    In einigen Bereichen gibt es Dein System der individuellen Verpflichtung: Lebensversicherung, Zusatzversicherung, Zeitungsabos.
    Aber auf politischer Ebene halte ich das für undurchführbar. Da beschränken sich die Möglichkeiten auf Minderheitenschutz, Individualrechte und als letztem Ausweg Auswanderung.

  • crish sagt:

    Hey, klingt gut! Naja, der Knackpunkt ist wohl „Gesetz“. Gesetze innerhalb Communities folgen genau dieser Logik, insofern gibt’s das.
    Aber die Frage ist berechtigt… Hat irgendwer je den Menschenrechten oder so ausdrücklich persönlich zugestimmt? Neee. Also hat er auch die pflichten nich, die ausder Verfassung folgen…?
    Naja, möglich wäre doch sowas wie ein Gesetzes-Rating. Alle Gesetze, mit denen man einverstanden oder nicht einverstanden ist, kommentiert man und lässt sich das amtlich beglaubigen. Im Falle eines Gesetzesverstosses wird dieser Vorabkommentar zu Rate gezogen. Sollte zumindest für gewisswe Gesetze hin hauen.

  • Jerry sagt:

    Eine klare Alternative ist das schweizerische Modell der Konkordanzdemokratie. Alle Parteien und regionalen Minderheiten sind per definition in der Regierung enthalten und erhalten gemäß einem bestimmten Schlüssel Machtpositionen. Eine nicht auf Konkurrenz angelegte Regierungsform braucht also klare Quotenregelungen. Im bundesdeutschen Recht gibt es einige Ansätze in diese Richtung des Minderheitenschutzes.
    Wenn man das konsequent ausgestaltet, stellt sich allerdings die Frage, ob Wahlen noch irgendeinen Sinn haben und auf welche Weise der Mehrheitswille überhaupt noch zur Geltung kommt.
    P.S. @Kapaun: In ihrer Extremform der Volksdiktatur kann eine Demokratie durchaus totalitäre Züge annehmen. Beispiele dafür wären das antike Athen oder die französischen Revolutionsregierungen.

  • tuxedomoon listen Bollocks sagt:

    sowas wie die deutsche regierung z.bsp. (ich weiss es gibt schlimmere) nenn ich auch seit je her immer schon kollektiven faschismus. die regierung der deutschen demokratie wurde mit und unter altfaschos aufgebaut. was auch erziehnungssache ist. daher ist die deutesche regierung auch heute noch so schmierig braun. bis die seuche endlich mal ganz raus ist, bedarf es noch einige generationen.
    @capone,
    gggg

  • Cogitoer sagt:

    Die zwei Knackpunkte in der Demokratie sind doch:
    1. In der Demokratie hat die Mehrheit recht. In Wirklichkeit hat die Mehrheit aber nicht immer recht.
    2. Der Großteil der Leute stimmt über Dinge ab, von denen er keine Ahnung hat.
    Und noch wichtiger ist ja, daß nach Parteien und nicht nach Themen abgestimmt wird. Mal ein Beispiel: Wenn die Grünen z. B. vorschlagen doch in Wien besser einen Kinderspielplatz zu machen, statt weitere Häuser zu bauen, die man nicht braucht, dann bin ich dafür. Nur habe ich im politischen System keine Möglichkeit dafür zu stimmen, da ich ansonsten die Grünen eben nicht wähle.

  • Sebistyl sagt:

    Der gescheiterte Sozialismus wäre eine Antwort gewesen, aus ihm sollte der Kommunismus hervorgehen. Alle Macht sollte vom Volk ausgehen, das Volkseigentum usw ……. aber das hat uns die Zeit gelehrt, ging auch nicht auf.

  • Kapaun sagt:

    Die Regierung der Mehrheit ist per definitionem keine Diktatur. Und eine Wunschkonzertgesellschaft ist Unfug. Denk ein wenig drüber nach, und du wirst es von selbst einsehen.
    @Jerry: Bei den französischen Revolutionsregierungen handelte es sich nicht um die Herrschaft der Mehrheit, sondern um die auf eine Revolution folgende Herrschaft des Jakobinerclubs. Vergleichbar mit der Herrschaft der SED, wenn du so willst. Und dass ich ausgerechnet dich darauf aufmerksam machen muss, dass die Zustände im antiken Athen alles andere als eine Mehrheitsherrschaft waren..!? Jerry, wenn das dein Grundeinheitsvorsitzender erfährt…
    @Fragesteller: Weil das kein Staatshaushalt dieser Welt aushält, um nur mal ein Beispiel zu nennen.



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