Wolken über Schwarz-Gelb
Sonntag, 25. September 2011, 00:42
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Berlin (dapd-lmv). Wenn einem sonst nichts mehr einfällt, dann redet man eben übers Wetter. Einen Tag nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern konnte der Ministerpräsident des Nachbarlandes Schleswig-Holstein froh sein, dass es in Berlin wie aus Eimern schüttete und ihm damit die politische Analyse erleichtert wurde. Was er zum Ausgang der Wahl sage, wollten Journalisten am Montag von Peter Harry Carstensen wissen. Die Antwort des CDU-Politikers: „Wie das Wetter heute: Tiefdruck und schwül. Aber es kommen auch wieder sonnige Tage.“Sechs Landtagswahlen gab es in diesem Jahr, nur in Rheinland-Pfalz konnte die CDU ihr Ergebnis leicht verbessern, in allen anderen Bundesländern gab es Verluste, einige davon fielen dramatisch aus. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel mahnte am Montag im Konrad-Adenauer-Haus zwar, man dürfe nicht jede Landtagswahl gleich zur stellvertretenden Bundestagswahl machen, aber die Frage nach dem Einfluss der Bundespolitik auf die schlechten Ergebnisse stellt sich immer zwingender.Erfolge wie eine stetig sinkende Arbeitslosigkeit sind dem Wahlvolk offenbar nicht vermittelbar. Statt dessen sehen die Bürger in Berlin eine Regierung am Werk, die vor allem gegeneinander arbeitet. Vergangene Woche bekamen es die Koalitionäre schwarz auf weiß: Laut einer Allensbach-Umfrage wird die schwarz-gelbe Koalition von vielen Befragten als zerstritten angesehen. Unter Anhängern der Union seien dies 39 Prozent, bei FDP-Anhängern gar 64 Prozent.Während die Union trotz aller Wahlschlappen noch einigermaßen gefestigt dasteht und in Mecklenburg-Vorpommern nach dem Abrutschen auf 23,1 Prozent immerhin auf eine Regierungsbeteiligung hoffen kann, sieht es für die FDP im Bund düster aus. Im Nordosten flogen die Liberalen hochkant aus dem Landtag, und es gab am Tag danach in Berlin nicht wenige, die Parteichef Philipp Rösler dafür verantwortlich machten.Die Personaldebatte in der FDP, die sich unmittelbar vor der Landtagswahl in herber Kritik an Außenminister Guido Westerwelle entlud, habe der Partei geschadet – das sagen inzwischen fast alle, die in der Parteispitze etwas zu sagen haben. Und: Rösler hatte zum Amtsantritt versprochen, er werde liefern. Tatsächlich ist noch nicht viel passiert.Der nächste liberale Aussetzer ist schon in Sicht. In zwei Wochen will Rösler seine lang erwarteten Vorschläge zur inhaltlichen Ausrichtung der FDP präsentieren. Im Mittelpunkt sollen die Themen stabile Währung und solides Wachstum stehen. Daran sind die Bürger offenbar aber ebensowenig interessiert wie an Steuersenkungen, einst ein liberales Spitzenthema, jetzt eines, auf das Rösler und sein Generalsekretär Christian Lindner nur noch auf Nachfrage reagieren.Die Allensbacher Meinungsforscher jedenfalls ermittelten, dass die Deutschen trotz der dramatischen Nachrichten von den Finanzmärkten gelassen bleiben. Etwas mehr als die Hälfte sieht den nächsten zwölf Monaten demnach überwiegend optimistisch entgegen, nur zwölf Prozent haben ausgeprägten Befürchtungen.Kanzlerin Merkel schwante am Montag wohl schon, dass ihr ein „Herbst der Entscheidungen“ erst noch bevorsteht. Es gebe eine „ganze Vielzahl von Entscheidungen zu treffen“, von denen einige vor Weihnachten noch fertig sein sollten, sagte die Regierungschefin und nannte als Beispiele die Pflegeversicherung, den Haushalt und europapolitische Entscheidungen.Der Herbst werde nicht langweilig werden, „weil wir viel zu tun haben werden“, sagte Merkel. Aber sie sei zuversichtlich, dass unter allen Koalitionspartnern der Wille dazu da sei, „das auch hinzubekommen“.dapd


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